Rheinische Post vom 16.11.2020

Die Stiftung mit Herz für Düsseldorfer

Monika Gotthart hat ein freundliches, zupackendes Wesen, aber beileibe kein leichtes Schicksal zu meistern. Die alleinerziehende Mutter hat einen schwerstbehinderten Sohn, den sie vom ersten Tag seines Lebens an pflegt. Marcel ist jetzt 15 Jahre alt, er ist 1,50 Meter groß und wiegt 37 Kilogramm. Der Jugendliche kann nicht laufen, nicht gut hören und ist fast blind. Er ist jedoch nach den Worten seiner Mutter ein fröhliches, lebensbejahendes Kind, er liebt das Wasser und im Schwimmbad zu sein, und natürlich möchte Monika Gotthart ihm diese Freude möglichst häufig machen.

Die 52-Jährige ist mit Marcel oft in Reha-Einrichtungen oder Hos­pizen, absolviert Intensivtherapien oder macht mit Unterstützung der Caritas Kurzurlaube. Dort und auch in den Bädern unterstützt sie jetzt ein mobiler Patientenlifter. Bezahlt hat diesen die Düsseldorfer Hans Elsbeth Käte Breucker-Stiftung – die ein Segen sein kann für Menschen, die bei medizinischen Notwendig­keiten auf Hilfe angewiesen sind.

Die Stiftung, die bislang nur we­nigen bekannt ist, geht zurück auf den Banker Hans Joachim Breucker. Er war ohnehin karitativ engagiert und sprach Lutz Aengevelt an, den er aus einem anderen Zusammen­hang kannte. Im Januar 2011 starb Breucker – doch seine Stiftung lebt fort und unterstützt seit neun Jah­ren Bürger seiner Stadt. Der Banker hatte genaue Vorstel­lungen und legte sie gemeinsam mit Aengevelt fest, der lebenslang die Stiftung führt. Stiftungszweck ist die finanzielle Unterstützung von Bedürftigen, wenn es um die Ver­ordnung medizinischer Maßnah­men oder die Beschaffung von Hilfs­mitteln geht. Wichtig: Diese können nicht aus eigenen Mitteln, durch Unterhaltspflichtige, Krankenver­sicherungen oder die öffentliche Hand finanziert werden. Die Breu­cker-Stiftung hilft also, wenn es kein anderer tut.

Bei Monika Gotthart war das so. Sie hat Rollstühle für ihren Sohn und zu Hause Deckenlifter, um Marcel ins und aus dem Bett zu heben. Des­halb zahlt die Krankenkasse keinen mobilen Lifter, der übrigens neben dem Rollstuhl ins Auto passt. Die Caritas machte die 52-Jährige auf die Breucker-Stiftung aufmerksam – und dann ging alles ganz schnell. ,,Wir handeln schnell und sind fle­xibel“, sagt Lutz Aengevelt.

Damit meint der Vorstandsvor­sitzende seine Kollegen, die wie er die Aufgabe ehrenamtlich wahr­nehmen. Im Vorstand sind Maria Ewers, ehemals Vize-Chefin des Düsseldorfer Sozialamts, der Arzt Rainer Kappes und der Apotheker Jürgen Schulz, der zudem Ressort­leiter für individuelle Hilfe ist. Die Prüfung sozialer wie medizinischer Bedürftigkeit sowie Kenntnisse zur Beschaffung der Hilfsmittel sind also auf hohem Niveau gewährleis­tet. ,,Ich bin meinen Mitstreitern sehr dankbar für ihr Engagement“, sagt Aengevelt. Man sei eine schnel­le Eingreifgruppe, sagt Schulz, ,,und wenn nötig, entscheiden wir in 24 Stunden im Umlaufverfahren.“

Aengevelt selbst bemüht sich mit dem ihm eigenen Temperament, dass das Geld effektiv eingesetzt wird. So lag der Preis für Marcels Lif­ter bei einem lieferbereiten Sanitäts­haus zunächst bei 5900 Euro. Dann wurden Gespräche mit anderen Sa­nitätshäusern geführt. Ergebnis: Der Lifter wurde ohne jeden Abstrich bei einem Konkurrenten für 4400 Euro bestellt. ,,Ich habe daraus geschlos­sen, dass man nicht davon ausgehen kann, dass sich die Lieferanten ge­genüber nachweislich Hilfsbedürftigen besonders preissensibel ver­halten – es sei denn in ihre eigene Richtung“, sagt Aengevelt.

Mit Geld muss man umgehen können, Stiftungen in diesen Zei­ten ohnehin. Schließlich bringt das Geld auf der Bank eher nichts und wenn man Pech hat, schrumpft das Kapital aufrgund von Negativzinsen. Aengevelt hatte eine andere Idee. Breucker hatte ein Stiftungskapital von 2,8 Millionen Euro zur Verfü­gung gestellt. Für 1,5 Millionen Euro erwarb die Stiftung eine Kita, die von der Diakonie betrieben wird. So et­was passt zu einer Stiftung und hat den Vorzug, langfristig eine sichere Einnahme zu bringen. Nach Abzug einiger Wohltätigkeiten, die der Stif­ter verfügt hatte, verblieb eine Mil­lion Euro an Barmitteln, die Aenge­velt unter anderem in lohnenswerte Immobilienfonds steckte.

Jährlich stehen nun inkluisve Zin­sen 140.000 Euro zur Verfügung, mit denen Düsseldorfer unter­stützt werden können. Die meis­ten Anträge, die die Stiftung errei­chen, werden positiv beschieden. ,,Manchmal geht es auch um klei­ne Summen“, sagt Rainer Kappes und nennt als Beispiel ein Blutzu­ckermessgerät für ein neues Verfah­ren, dessen Teststreifen teuer sind und verschrieben werden, das Ge­rät für 100 Euro aber nicht.

Am Ende steht oft große Dankbar­keit, wie Maria Ewers erzählt, die es erfüllt, nun jenseits bürokratischer Hürden helfen zu können. Monika Gotthart war perplex, als Aengevelt sie fragte, was man ihr noch Gutes tun könne. Als sie erzählte, dass ihr Sohn an manchem Ausflug in ei­ner Einrichtung im Vorderbergi­schen nicht teilnehmen kann, weil die Pfleger nur Patienten mit E-Roll­stühlen mitnehmen, war klar: Eine elektronische Antriebshilfe wäre toll – und manchmal hilft die Breu­cker-Stiftung auch zweimal.